Aljona Koslova, Komponistin Daniel Glaus, Komponist und Organist des Münsters Magdalena Schatzmann, Moderatorin
Kleiner Apéro 19.25 bis 20.00 Uhr Letzte Aufstiegszeit vor dem Konzert 19.30 Uhr Konzert 20.00 bis ca. 21.00 Uhr
Heinrich Ignaz Franz Biber (1644–1704)Sonata XVI Passagalia, Der Schutzengel als Begleiter des Menschen Die 16 Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber, welche zwischen 1678 und 1687 komponiert wurden, zählen zu den bedeutendsten Werken der Violinmusik des 17. Jahrhunderts. Die barocke Programmmusik steht ganz im Geiste des Katholizismus. Sie sind für scordierte (scordare, ital. umstimmen) Violine komponiert worden. Der ganze Zyklus umfasst drei Teile: 1. Der freudenreiche Rosenkranz 2. Der schmerzhafte Rosenkranz 3. Der glorreiche Rosenkranz Jeder Teil besteht aus fünf Sonaten. Sonata XVI gehört thematisch nicht zum Rosenkranz. Dies nicht nur, weil die Violine hier in normaler Stimmung erklingt, sondern auch wegen der besonderen Rolle, die der Schutzengel in dieser Sonata einnimmt. Er begleitet uns während unseres Lebens und kann uns erscheinen, wenn wir am Schluss unseres Lebens verdient haben, ihn zu sehen. In dieser Passacaglia erscheint der Engel im absteigenden, sich immer wiederholenden Motiv, welches eine meditative Stille heraufbeschwört.
Alfred Schnittke (1934–1998)Fuge für Violine Solo (1953) Der neoklassische Stil von Alfred Schnittke bringt uns manchmal etwas in Verzweiflung. Ab und an kann man raten: ist es nun Mozart oder Haydn? Selbstverständlich sind diese Antworten falsch, weil gewisse Töne und Akkorde sofort verraten, dass ein zeit- genössischer Komponist am Werk ist. Durch den neoklassischen Stil hindurch bricht sich der Stil von Schnittke immer wieder Bahn und zeigt, dass er als Komponist keineswegs ein Epigone ist, sondern, dass seine Musik ganz klar eine eigene, polystilistische Handschrift zeigt.
Aljona Koslova (*1979)Triptychon (2018) 1. Der Wald 2. Die Zeit 3. Der Wind Egal wo wir uns befinden, im Wald oder bei der Arbeit: Wir spüren die Zeit, welche kommt und geht... unerbittliche und grausame Zeit. Aber es gibt Momente, während denen die Alltagsrealität aus unseren Gedanken verschwindet und wir frei werden. Frei wie der Wind, welcher von nirgendwo zu irgendwo fliegt.
Bernd Alois Zimmermann (1918-1970)Sonate für Violine Solo (1951) «Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind, wie wir wissen, lediglich an ihrer Erscheinung als kosmische Zeit an den Vorgang der Sukzession gebunden. In unserer geistigen Wirklichkeit existiert diese Sukzession jedoch nicht, was eine realere Wirklichkeit besitzt als die uns wohlvertraute Uhr, die ja im Grunde nichts anderes anzeigt, als dass es keine Gegenwart im strengeren Sinne gibt. Die Zeit biegt sich zu einer Kugelgestalt zusammen. Aus dieser Vorstellung [...] habe ich meine [...] pluralistische Kompositionstechnik entwickelt, die der Vielschichtigkeit unserer Wirklichkeit Rechnung trägt.» B.A. Zimmermann, 1968 (Quelle: Harenberg Komponistenlexikon. Mannheim 2004, S. 1048)
Daniel Glaus (*1957)Stille, Studie für Violine solo (1982) «Stille als Atmosphäre des Klanges... Gleichsam Klanghülle... Unhörbar aber unbedingt notwendig... ...Stille der Ewigkeit... Klänge der Gegenwart... Vergangenheit...» Daniel Glaus Die Inspiration zu diesem Stück hat ihren Ursprung in einem tiefen Erlebnis der Stille auf einer Bergwanderung. Text: Sofia Suldina
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Aus der Ferne
So, 20. Februar 2022 - 11.00 Uhr Cinématte Wasserwerkgasse 7, 3011 Bern
Daniel Meller, Violine Martina Albisetti, Violine Anna Spina, Viola Maria Albisetti, Cello, Ivan Nestic, Kontrabass Louis Montes Meneses, Violine (Audiovisuals)
Programm György Kurtàg aus Signs,Games & Messages Kurtàg: Calmo sognando für Violine solo Musikvideo Pause: 15min
György Kurtàg Aus der Ferne V: «öd und traurig» für Streichquartett Alfred Schlee gewidmet György Kurtàg (*1926) aus Signs, Games & Messages Perpetuum mobile A, für Violine solo Musikvideo
Claude Debussy (1862–1918) Premier Quatuor g-moll Op.10 I. Animé et très decidé, II. Assez vif et bien rythmé III. Andantino, doucement expressif, IV. Très modéré-Très mouvmente
Pause
György Kurtàg aus Signs,Games & Messages «für den, der heimlich lauschet» für Violine solo Musikvideo Gabrielle Brunner (*1963) Intermezzo für Kontrabass George Onslow (1784-1853) Streichquintett mit KB Nr. 20 Op. 45, d-moll: I. Allegro grandioso, II. Menuett.Presto III. Andante cantabile, IV. Finale. Allegro innocente
György Kurtàg Der ungarische Komponist György Kurtàg gilt als Meister der «aphoristisch zugespitzen» Miniatur: Seine 1987 begonnene Serie Signs,Games & Messages gleicht akustischen Tagebucheinträgen. Emotionen und Eindrücke werden auf kleinstem Raum verdichtet. Die Musiker*innen erhalten die Aufgabe, die oft nur sehr kurzen und aus wenigen Noten bestehenden Stücke durch ihre Interpretation explizit mitzugestalten. Das Streichquartett Aus der Ferne V ist dem österreichischen Musik- und Theaterwis- senschaftler Alfred Schlee gewidmet, der durch seinen Einsatz im Zweiten Weltkrieg unzählige Werke vor der Vernichtung bewahrte und ein wichtiger Unterstützer zeitgenössischer Musik und Komponist*innen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war.
Claude Debussy «Was Debussys Premier Quatuor (so der Originaltitel) dennoch von Franck und den älteren Franzosen unterscheidet, ist die stilistische Bandbreite. Es ‹verbindet mit Geschick die unterschiedlichsten Elemente, wie etwa die gregorianischen Kirchentöne, Zigeunermusik, javanesische Gamelanmusik, die Stile eines Massenet und Franck, ganz abgesehen von dem Einfluss der russischen Schule.›» (S. Gut – D. Pistone) Quelle: https://www.kammermusikfuehrer.de/werke/491
Gabrielle Brunner Gabrielle Brunner wuchs in München in einer Musikerfamilie auf und erhielt mit 4 Jahren ihren ersten Geigenunterricht. Sie schloss ihr Studium mit dem Solistendiplom ab und es folgten Meisterkurse bei G. Kurtàg, Kilian Schneider, L. Fenyves und G.Szebök. Neben dem Klassischen Repertoire ist die Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Musik ein wichtiger Bestandteil ihrer musikalischen Tätigkeit. 2009 schloss sie ihr Studium Komposition bei Daniel Glaus an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK mit Diplom ab. Es folgten zahlreiche Auftragskompositionen von namhaften Musikern und Organisationen für verschiedenste Besetzungen. Intermezzo für Kontrabass wurde eigens für Ivan Nestic komponiert.
George Onslow (1784-1853) Onslows Streichquintett Nr. 20 stammt aus dem Jahr 1832. Es ist sicherlich eines seiner aufregendsten Quintette. Es beginnt mit einem gehaltvollen Allegro grandioso, das eher langsam und auf unheimliche Weise mit einem Solo im zweiten Cello-(Bass-)Teil beginnt. Sobald die anderen mitmachen, gibt es plötzliche dynamische und chromatische Verschie- bungen, die für beträchtliche Aufregung sorgen. Als nächstes kommt ein Minuetto, presto. Dies ist kein Menuett, sondern eine explosive Angelegenheit mit harter Vorwärtsbewe- gung. Niemand konnte dazu tanzen! Der dritte Satz ist ein schönes Andante Cantabile. Das Finale, obwohl Allegro innocente betitelt, klingt nicht besonders unschuldig mit seinen donnernden plötzlichen Ausbrüchen von Leidenschaft, die von ruhigeren, aber grübleri- schen Episoden unterbrochen werden. Quelle: https://www.earsense.org/chamber-music/George-Onslow-String-Quintet-No-20-in-d-minor-Op-45/